Straßenbahnerverein der Stadt Trier 1924 e. V.: Gemeinschaft und Geschichte sind unsere Aufgabe
Am 22. April 1890 fährt erstmalig die private Pferdebahn in Trier
1905: Die Verkehrsbetriebe werden gegründet. Am 15. Oktober 1905 nehmen wir den Betrieb von zwei Linien auf, zwei weitere folgen.
1913: Die Kaiser-Wilhelm-Brücke wird eröffnet und wir erweitern das Liniennetz.
1914 bricht der erste Weltkrieg aus, Trier wird ein großes Heerlager. Dadurch lichten sich die Reihen der Straßenbahner und bald treten Frauen als Wagenführer und Schaffner an die Stelle der Männer. Auch die Straßenbahn bekommt neue Aufgaben: drei Sommerwagen der Straßenbahn werden zu Lazarettwagen umgebaut und transportieren Verwundete vom Bahnhof zu den Krankenhäusern. Die Straßenbahnen ziehen Postwagen und Müllwagen hinter sich her. Trotz Fliegerangriffen tut die Straßenbahn ihren Dienst bis zum Kriegsende im November 1918.
InIn In Zeiten von politischen Wirren nach dem ersten Weltkrieg und nach einer Wirtschaftskrise mit Hyperinflation wird es immer schwieriger, den Betrieb aufrecht zu erhalten. 1923 kostet ein Fahrschein von Hauptmarkt bis St. Matthias die unvorstellbare Summe 150 Milliarden Mark! Die deutsche Rentenversicherung hat fast ihr gesamtes Vermögen verloren. Während dieser Zeit zehren die Betriebskosten die Einnahmen auf, kein Geld bleibt für Investitionen übrig, Ersatzteile sind nicht zu bekommen. Am 1. Oktober 1923 müssen deshalb zwei Linien ganz eingestellt, andere Linien ganz ausgedünnt werden.
Am 10. Oktober 1924 wird der Straßenbahnerverein der Stadt Trier 1924 e. V. gegründet. Vereinszweck der Straßenbahner ist - neben der Förderung der Kameradschaft - soziale Hilfe zu leisten. Als „vornehmste Aufgabe“ betrachtet der Verein bei seiner Gründung die Unterstützung von in Not geratenen Mitgliedern, beispielsweise durch finanzielle Unterstützung von länger Erkrankten oder bei Todesfällen. In der Gründungsversammlung treten die Straßenbahner fast vollzählig dem Verein bei. In der Zeit der Vereinsgründung ist die Straßenbahn in Trier, die Zeit der Pferdebahn eingerechnet, bereits 34 Jahre alt.
1924 wird die Straßenbahn überholt und modernisiert. Im Jahr 1925 kommt dann der Omnibusverkehr nach Trier und die Stadtwerke betreiben zwei Linien. 1927 und 1928 werden zwölf neue Triebwagen für die Straßenbahn angeschafft.
Im Oktober 1929 beginnt die Weltwirtschaftskrise mit dem Crash der New Yorker Börse. Sie wird viele Jahre andauern, viele Menschen sind in unvorstellbaren Nöten. Die Fahrgastzahlen gehen drastisch zurück, die Linien werden verkürzt. Die Straßenbahner helfen sich gegenseitig durch diese Zeiten. 1931 wird der Verkehrsbetrieb eingeschränkt, 16 statt bisher 22 Bahnen fahren nur noch zu den Hauptverkehrszeiten: morgens, mittags, abends.
1939 beschließt die Direktion der Verkehrsbetriebe, die Straßenbahn teilweise auf Obus-Betrieb umzustellen, da die Unterhaltung des Elektromotors günstiger war als die des Verbrennungsmotors. Außerdem ist wegen Devisenmangels im Nazi-Reich die Einfuhr von Öl schwierig, weshalb Treibstoff knapp wird. Am 20. Januar 1940 wird der erste Teil der Straßenbahnlinien auf Obus-Betrieb umgestellt. Im Verlauf des Krieges wird die weitere Umstellung wegen des immer größer werdenden Rohstoffmangels verzögert und schließlich unmöglich.
1941 ergeht das Verbot der Nazis, den Verein im Sinne der Gründung fortzuführen. 1943 haben die Verkehrsbetriebe elf Obusse. Trotz vielfältiger Schwierigkeiten tut das Fahrpersonal – das jetzt wieder zu mehr als der Hälfte aus Frauen besteht – sein Bestes, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.
1944 gibt es mehrere Fliegerangriffe auf die Verkehrsbetriebe in der Eurener Straße, bis ein Großangriff am 4. November die Verkehrsbetriebe vier Tote kostet, die Betriebsanlagen und den überwiegenden Teil der Triebwagen zerstört. In der Folge muss der Straßenbahn- und Obusverkehr eingestellt werden. Das Personal wird freigestellt und verlässt bis auf sieben Werksangehörige Trier. Ein weiterer Großangriff am 21. Dezember 1944 vernichtet die restlichen Betriebsanlagen.
Nach dem 2. Weltkrieg kann es dann auch für den Straßenbahnerverein weitergehen. Der Verein bleibt seiner Zielsetzung treu, in guten wie in schweren Zeiten zusammenzuhalten und Kollegialität zu fördern. Liest man die Protokolle der Vorstandssitzungen, sind vor allem die Mitarbeiter und ihre Familien in der unendlich schweren Zeit wieder einmal stark betroffen. Der Verein unterstützt sie unter anderem durch Hilfsaktionen bei der Beschaffung von Nahrung und Kohlen. Diese Problematik löst sich erst langsam 1948 nach der Währungsreform. Gleichzeitig bleibt der Verein um Zusammenhalt untereinander bemüht.
Erst Anfang 1947 ist wieder an die Wiederaufnahme des innerstädtischen Verkehrs zu denken. Stückweise gehen Straßenbahnen und Obusse wieder in Betrieb. Der Kupferdraht für die Oberleitungen wird dazu erst ertauscht – gegen das Zahlungsmittel Wein.
Nach der Währungsreform am 20. Juni 1948 entscheidet der Stadtrat am 29. Juli 1950 einstimmig, dass die Straßenbahnen gegen Oberleitungsbusse ausgetauscht werden. Am 14. September 1951 ist dann die letzte Fahrt der Straßenbahn, begleitet von einer Blaskapelle, die Chopins Trauerweisen spielt. Einer der Straßenbahnwagen aus 1905 hat zu diesem Zeitpunkt 2.300.000 Kilometer zurückgelegt und zwei Weltkriege überstanden.
1951: Die Verkehrsbetriebe betreiben drei Linien auf 14,15 Kilometern. 1956 kommt eine weitere Linie hinzu. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 betreiben die Stadtwerke insgesamt 29 Linien im Tag- und Nachtverkehr.
Am 12. Juni 1964 schreibt die Trierische Landeszeitung „dass der innerstädtische Verkehr sich erheblich verbessert habe und sich durch gute, klare und übersichtliche Linienführung auszeichnet“. Das Kraftfahrbundesamt stellt fest, dass Trier die einzige Stadt ihrer Größe ist, die vollständig auf Obus- und Omnibusbetrieb umgestellt hat und damit die modernste Straßenbahn besitzt.
1968: Das Aus kommt für die „unflexiblen“ Busse, die an einer Stromleitung oberhalb der Fahrbahn geführt wurden. Die letzten sechs Henschel-Obussen werden von 1967 bis 1972 zu Diesel-Omnibussen umgebaut. Unser letzter Henschel – Wagen 28 – wird ab 1968 umgerüstet und am 4. Juni 1969 als Diesel-Bus wieder in Betrieb genommen. Im Jahr 1970 wird letzte der Henschel dann ausgemustert. 25. Mai 1970: Der O-Bus-Betrieb wird endgültig eingestellt, künftig fahren ausschließlich Omnibusse in Trier.
Vom 9.-11. September 1974 feiert der Straßenbahnerverein im Verkehrsbetrieb das große 50-Jahr-Jubiläum. Im Rahmen des Jubiläums sagt der damalige Oberbürgermeister Josef Harnisch, dass die schwere und verantwortungsvolle Arbeit der Verkehrsbetriebe „nur erfolgreich sein kann, wenn vor allem eine gute Kameradschaft die Atmosphäre des Betriebes bestimmt.“ Zu diesem Zeitpunkt ist dieser Leitsatz genauso wichtig und gültig wie schon 1924 und auch noch 2024. Während der 50-jährigen Jubiläumsfeier wird die neue Vereinsfahne in St. Simeon geweiht und begleitet den Straßenbahnerverein seitdem bei freudigen wie auch traurigen Anlässen. Zum 100-jährigen Jubiläum stiftet Oberbürgermeister Wolfram Leibe ein Schirmherrenband für die Vereinsfahne.
1982 bis 1984 werden die Henschel-Busse grundlegend modernisiert. Wagen 28 – der als Oldtimerfahrzeug noch heute zum Fuhrpark der Stadtwerke gehört – wird im August 1983 frisch renoviert.
1. Mai 1984: Die Busse werden aus der Fußgängerzone verlegt und fahren künftig über die neue Westtrasse.
Ab April 1989 werden unsere Henschel-Busse ausgemustert. Am 21. April 1993 hat Wagen 28 seine letzte Fahrt im Liniendienst nach mehr als einer Million gefahrenen Kilometern: Er fährt als Schulbus von Tarforst zum Wolfsberg.
Im September 2005 eröffnen die Straßenbahner im neuen Verkehrsbetrieb ein kleines, feines Straßenbahnermuseum . Das älteste Ausstellungsstück ist ein Schienenteil der Straßenbahn aus 1903. Dazu passend gibt es ein Hufeisen eines Pferdes, von denen die Straßenbahnen zu dieser Zeit noch gezogen wurden. Eine Dienstvorschrift aus dem Jahre 1906, Krawatten, Abzeichen, Dienstmützen und vieles mehr sind im Straßenbahnermuseum zu finden.
2007 nimmt der Straßenbahnerverein, unterstützt vom SWT-Vorstand, die Restaurierung des Henschel in Angriff und versetzt diesen mit viel Liebe zum Detail fast zwei Jahre lang in den optischen Originalzustand zurück. Hiermit wird der bedeutende Anteil, den der Henschel an der Geschichte des Verkehrsbetriebs und der Mobilität in Trier hat, noch einmal verdeutlicht.
Am 1. September 2024 hat der Straßenbahnerverein knapp 270 Mitglieder aller Altersstufen. Das älteste Mitglied ist 96 Jahre alt und seit 65 Jahren Vereinsmitglied. Die jüngsten Mitglieder wurden 2004 geboren. Der Verein pflegt immer noch die Freundschaft, organisiert viele Ausflugsfahrten und hilft, wenn jemand in Not ist, beispielsweise beim Jahrhunderthochwasser.
Unser Fazit
1974 steht in der Festchronik geschrieben: „Der Verein hat die Straßenbahn überlebt, aber nicht überlebt sind die Ziele des Vereins, wie sie den Gründern vorschwebten. Und wie sie immer noch gelten!“ Außerdem ist sich der damalige Vereinsvorstand sicher: „Egal was uns die technische Entwicklung in den nächsten Jahren bescheren wird, wie man Verkehrsmittel benennen wird: Der Straßenbahnerverein wird weiterbestehen!“
Im Jubiläumsjahr darf der Straßenbahnerverein stolz auf das zurückblicken, was erreicht wurde – dank des Engagements, der Leidenschaft und der unermüdlichen Unterstützung seiner Mitglieder. Viele Herausforderungen wurden gemeistert, traurige Anlässe gemeinsam überstanden, Erfolge gefeiert und viele Freundschaften geschlossen. Es ist diese Gemeinschaft, die den Straßenbahnerverein auch in Zeiten von zurückgehendem ehrenamtlichen Engagement so besonders macht.
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